Yoga-Philosophie im Alltag: Manas, der Geist (Teil 3)
- Yvonne
- 17. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

Manas – Herrscher oder Diener? Über die wahre Funktion des Geistes
In der westlichen Welt wird der Verstand oft als unser wertvollstes Gut betrachtet. Denken, Planen, Analysieren – das sind Fähigkeiten, die uns weit gebracht haben. In der Yoga-Philosophie jedoch begegnen wir einem differenzierteren Verständnis des Geistes. Hier wird das Antahkarana, das innere Instrument des Geistes, in vier Aspekte unterteilt, von denen Manas einer, aber eben nicht der einzige ist:
Manas (denkender Geist), Buddhi (Unterscheidungskraft), Ahamkara (Ich-Gefühl, Ego) und Chitta (Gedächtnis, Unterbewusstsein).
In diesem Beitrag wollen wir uns auf Manas konzentrieren – jenen Aspekt unseres Geistes, der ständig denkt, abwägt, zweifelt, plant, reagiert und sich beeinflussen lässt.
Was ist Manas?
Manas ist der Geist, der Informationen sammelt, Sinneseindrücke verarbeitet und unsere alltäglichen Gedanken produziert. Er ist notwendig, um in der Welt zu funktionieren. Er fragt: "Was ist das?", "Ist das sicher?", "Soll ich das tun oder lieber lassen?" Er hilft uns, Entscheidungen zu treffen – oft in Zusammenarbeit mit Buddhi, der inneren Weisheit.
Doch Manas ist leicht beeinflussbar: von Erfahrungen, Bewertungen, äußeren Reizen, gesellschaftlichen Normen oder Ängsten. In seiner ungezügelten Form ist er sprunghaft, ständig in Bewegung – wie ein Affe, der unaufhörlich von Ast zu Ast springt (Monkey-Mind).
Manas als dienlicher Diener
Wenn Manas in Balance ist und unter der Führung von Buddhi steht, kann er ein kraftvoller Helfer sein. Dann…
organisiert er das Leben sinnvoll, indem er Pläne erstellt und Struktur schafft.
hilft er bei der Integration von Erfahrungen, indem er Gedanken ordnet und reflektiert.
ermöglicht er zielgerichtetes Handeln, indem er Optionen prüft und realistische Schritte vorschlägt.
unterstützt er Achtsamkeit, indem er aufmerksam bleibt für das, was gerade ist.
In diesem Zustand ist Manas nicht (Be-)Herrscher, sondern treuer Diener. Er folgt der inneren Weisheit, statt sich von äußeren Reizen leiten zu lassen.
Wenn Manas das Wohlbefinden behindert
Wird Manas jedoch zum Herrscher, ohne dass Buddhi das Steuer in der Hand hält, kann er unser inneres Gleichgewicht massiv stören. Dann…
wird der Geist unruhig und zerstreut, unfähig, sich zu konzentrieren oder zur Ruhe zu kommen. Du weisst, dass Manas dominiert, wenn Du Abends im Bett Dein Gedankenkarussel nicht abstellen kannst.
verliert der Mensch den Zugang zu seiner Intuition, weil ständiges Denken und Grübeln alles überlagert, wie eine Geräuschquelle, die alles andere übertönt.
verstärken sich Ängste und Zweifel, weil Manas durch vergangene Erfahrungen oder Zukunftssorgen verzerrt denkt.
wird der Mensch reaktiv, weil Manas sofort auf Reize reagiert, ohne sie zu hinterfragen.
Ein solcher Zustand führt zu innerer Unruhe, Schlafproblemen, emotionaler Instabilität und kann langfristig das seelische und körperliche Wohlbefinden beeinträchtigen.
Was hilft, Manas zu beruhigen?
Yoga bietet eine Vielzahl an Werkzeugen, um Manas wieder in seine dienende Rolle zu bringen:
Asana (Körperhaltungen) beruhigen die Nerven und helfen, überschüssige Energie abzubauen (Deine Chitta-vrrtis, die geistigen Bewegungen und Samskaras, mentale Muster können buchstäblich in den Muskeln verbrannt werden).
Pranayama (Atemlenkung) reguliert das Nervensystem und bringt den Geist zur Ruhe.
Meditation stärkt Buddhi und schafft Raum zwischen Reiz und Reaktion.
Selbstreflexion und Svadhyaya (Selbststudium) helfen, Denkgewohnheiten zu erkennen und zu hinterfragen.
Satsang (der Austausch mit Gleichgesinnten) inspiriert und unterstützt einen klareren inneren Blick.
Fazit
Manas ist wie ein kluger, aber impulsiver Berater in deinem inneren Königreich.Wenn du ihn regieren lässt, ohne Kontrolle, wirst du dich oft verloren, überfordert oder gehetzt fühlen.Doch wenn du ihn zähmst, schulst und seiner eigentlichen Funktion zuführst, kann er dich zuverlässig unterstützen – auf deinem Weg zu mehr Klarheit, innerer Ruhe, bewusster Entwicklung: zu einem zufriedenen und erfüllenden Leben.
Die Kunst liegt darin, Manas nicht zum Herrscher werden zu lassen – sondern ihn zum treuen Diener deiner inneren Weisheit zu machen.
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