Neti Neti - wie Du die Grenzen Deines Denkens sprengen kannst
- Yvonne
- 9. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
In unserem Alltag sind wir ständig in Rollen verstrickt: Eltern, Partner:in, Unternehmer:in, Yogalehrer:in, Freund:in, Kind – und all diese Rollen tragen Erwartungen, Geschichten, Bilder in sich. Sie bieten Struktur, Orientierung und ein Gefühl von Identität. Doch sie können auch zu inneren Ketten werden, wenn wir uns zu sehr mit ihnen identifizieren. Genau hier setzt die Vedanta-Meditation Neti Neti an – eine uralte Praxis, die zu erstaunlich moderner Klarheit führen kann.

Was bedeutet „Neti Neti“?
Neti Neti stammt aus dem Sanskrit und bedeutet wörtlich „nicht dies, nicht das“. Es ist eine Methode aus der Advaita Vedanta-Philosophie, die dazu dient, sich von allem zu lösen, was man nicht ist – um so dem näherzukommen, was man wirklich ist: das reine, unbegrenzte Bewusstsein.
Dabei geht es nicht darum, Rollen zu verleugnen oder sich von der Welt abzuwenden. Es geht darum, die Verwechslung von Rolle und wahrem Selbst zu durchschauen. Denn solange ich mich mit einer Rolle identifiziere, denke ich in den Bahnen dieser Rolle – und verliere dabei die Weite, die Offenheit, die kreative Freiheit des Geistes.
Gedankenkarussell – wenn die Rolle das Kommando übernimmt
Vielleicht kennst du das: Du grübelst stundenlang über ein Problem – und drehst dich dabei immer wieder im Kreis. Oft liegt das daran, dass du aus einer bestimmten Rolle heraus denkst. Wenn du dich z. B. als die Verantwortliche siehst, kannst du vielleicht keine Lösung erkennen, die mit Loslassen zu tun hat. Wenn du dich als die Kluge siehst, fällt es schwer, Hilfe anzunehmen oder Unwissenheit zuzulassen. Rollen bringen ein Denk-Muster mit – und Du bemerkst das nicht, weil Du die Rolle unbewusst hältst. Das Muster schränkt aber Deine Sichtweise ein.
Der Geist ist dann nicht das Werkzeug, der Dich erkennen lässt, sondern er wird zum Hamsterrad, das dich in alten Geschichten festhält.
Neti Neti als Weg zur geistigen Freiheit
In der Neti Neti-Praxis beobachtest du alles, was auftaucht – Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen – und sagst innerlich: „Nicht das. Auch das bin ich nicht.“
Du beobachtest die Rolle, die du gerade spielst – und entziehst ihr freundlich die Identifikation:„Ich bin nicht die Rolle. Ich bin die, die sieht, dass diese Rolle da ist.“
Diese Form der Meditation kann wie ein mentales Durchlüften wirken. Plötzlich entsteht ein Raum zwischen dir und deinen Geschichten. Und in diesem Raum beginnt echte Klarheit.
💫 3 Minuten Neti-Neti-Praxis für den Alltag
Probiere es selber aus. Diese Mini-Praxis kannst du überall anwenden – vor einem Meeting, nach einem Streit - in schwierige Situationen genauso, wie im ganz banalen Alltag, wenn Du beim Einkaufen in der Kassenschlange stehst oder an der roten Ampel auf grün wartest.
1. Komme an – (ein paar Atemzüge)
Bringe Dich in Aufrichtung, schließe die Augen oder fixiere Deinen Blick auf einen Punkt, atme tief durch. Spüre: Ich bin da. Ich atme.
2. Benenne innerlich – (etwa 1 Minute)
Beobachte deine Gedanken oder Rollen. Sage innerlich zu jedem auftauchenden Gedanken oder Gefühl:„Nicht dies. Auch das bin ich nicht.“Beispiele:„Ich bin nicht die, die alles richtig machen muss.“„Ich bin nicht meine Angst.“„Ich bin nicht die Mutter (oder der Vater). Ich spiele gerade nur diese Rolle.“„Ich bin nicht mein Zweifel.“
3. Kehre zurück zur Präsenz – (etwa1,5 Minuten)
Spüre dich als das, was einfach da ist. Ohne Worte. Ohne Etikett.Sei die Weite, in der alles auftaucht.Atme und lasse diesen Raum in dir größer werden.Wenn ein neuer Gedanke kommt: „Auch das bin ich nicht.“
Fazit: Die Kraft, sich zu entrollen
Neti Neti ist keine Flucht vor der Welt, sondern eine Rückkehr zu geistiger Weite. Es hilft dir, dich nicht in deinen Rollen zu verlieren – sondern sie bewusst zu wählen, statt unbewusst von ihnen bestimmt zu werden. So entsteht ein innerer Raum, in dem echte Problemlösungen auftauchen können – aus einer Tiefe jenseits deiner alten Geschichten.
Denn du bist nicht die Rolle.Du bist das Bewusstsein, das die Rolle spielt.Und genau dort beginnt Freiheit.
Wenn Du Dir mehr Zeit für Gedanken entwirren und (Selbst-)Reflexion nehmen möchtest, dann komm' doch mal zum Yin Yoga. Dort schauen wir neben der Körperpraxis auch auf Themen wie dieses und Du hast die Zeit, den Raum und die Ruhe, innerlich wieder klar und friedlich zu werden.
Alle Yin Klassen findedest Du im Wochenplan.
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